Betreff
Zahlung von Gebühren für die Inanspruchnahme von Kindertagesstätten der Gemeinde Ostrhauderfehn bei Schließung der Einrichtung auf Grund der Corona-Krise;
Hierzu auch: Erlass Gebühren Inanspruchnahme Kindertagesstätten
-Antrag der Gruppe UWG/CDU vom 07.04.2020-
Vorlage
BV/064/2020
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt/Begründung:

 

Alle Kindertagesstätten der Gemeinde Ostrhauderfehn sind seit dem 16. März 2020 aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen. Die Schließung erfolgte angesichts der erlassenen Verfügung des Landes Niedersachsen. Mit dieser Maßnahme soll die Ausbreitung des Virus eingedämmt und verlangsamt werden.

 

Ebenso wurden in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens Vorkehrungen getroffen, die dazu führten, dass viele Arbeitnehmer/-innen massive Einschnitte bei ihrem Einkommen hinzunehmen haben.

 

Infolgedessen wurde in öffentlichen Diskussionen vorgeschlagen, Erziehungsberechtigte vorerst von der Zahlung der Gebühren für die Inanspruchnahme von Kindertagesstätten zu befreien und somit zu entlasten.

 

Die Gemeinde Ostrhauderfehn hat die Gebühren für April zunächst eingezogen, damit bei den Eltern nicht der Eindruck entsteht, die Gebühren fallen nicht mehr an. Bei Nachfrage werden die Eltern informiert, dass die Satzung in diesem Fall keine Gebührenbefreiung vorsieht und somit das zuständige Gremium darüber beschließen muss.

 

Die Gruppe UWG/CDU stellte am 07.04.2020 hierzu folgenden Antrag: …falls die Schließung der Kinderkrippen nach Ostern fortgesetzt wird, beantragt die Gruppe UWG/CDU, -spätestens nach den Osterferien-, die Gebühren für die Kinderkrippen zu erlassen… . Der vollständige Antrag ist als Anlage beigefügt.

 

Laut Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme der Kindertagesstätten der Gemeinde Ostrhauderfehn vom 01.08.2019 handelt es sich laut § 1 Satz 2 bei der Benutzungsgebühr um eine öffentlich-rechtliche Abgabe.

 

Gemäß § 3 Abs. 4 umfasst die Benutzungsgebühr die Ferien und sonstigen Schließungszeiten der Kindertagesstätten. Laut § 3 Abs. 3 ist die Benutzungsgebühr grundsätzlich eine Jahresgebühr und wird in 12 Raten jeweils zum 05. jeden Monats fällig.

 

In der Satzung ist keine ausdrückliche Regelung zur Zahlung bei einer Schließung der Einrichtung aus zwingenden Gründen, wie z. B. der Ausbruch von übertragbaren Krankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz, getroffen worden. Die Schließung der Einrichtungen auf Grund der Pandemie, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, ist hier aber wohl als eine „sonstige Schließungszeit“ einzuordnen.

 

Somit sind die Gebührenschuldner nicht ohne weiteres von der Zahlung zu befreien.

 

Es ist nun zu prüfen, ob und wie von der Zahlung der Nutzungsgebühr für die Dauer der Schließung in diesem Fall verzichtet werden kann.

 

Ein Erlass, so wie von der Gruppe UWG/CDU beantragt, kommt nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht und bedarf einer gesetzlichen Grundlage, da entstandene Forderungen fristgerecht vom Gebührenpflichtigen zu zahlen sind.

 

Bei einem Erlass verzichtet die Gemeinde Ostrhauderfehn auf eine Abgabe. Der Erlass führt zum Erlöschen des Anspruchs.

Ein Erlass einer öffentlich-rechtlichen Abgabe ist möglich, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist (siehe § 227 Abgabenordnung i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 5 a) Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz).

Unbilligkeit kann in der Sache selbst oder in den persönlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen begründet sein.

 

Eine sachliche Unbilligkeit ist in diesem Fall auszuschließen, da die Zahlung der Nutzungsgebühr mit dem Sinn und Zweck der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme der Kindertagesstätten der Gemeinde Ostrhauderfehn in Einklang steht.

 

Persönliche Billigkeitsgründe liegen vor, wenn der Gebührenpflichtige eines Erlasses bedürftig und würdig ist.

Erlassbedürftigkeit ist u. a. gegeben, wenn bei Zahlung der Gebühr die Existenz des Gebührenpflichtigen bzw. der notwendige Lebensunterhalt ernsthaft gefährdet ist und nur durch den Erlass ausgeräumt werden kann.

Die Erlasswürdigkeit ist anzunehmen, wenn der Gebührenpflichtige in der Vergangenheit stets seinen Verpflichtungen nachgekommen ist und seine mangelnde Leistungsfähigkeit nicht selbst verschuldet hat.

 

Bei einem Erlass der Gebühr können hier also nur persönliche Billigkeitsgründe zu Grunde gelegt werden. Dies hat somit zur Folge, dass bei jedem einzelnen Gebührenpflichtigen die persönlichen Billigkeitsgründe zu prüfen sind.

Ein Erlass stellt allerdings das letzte Mittel dar, um gänzlich auf eine Forderung zu verzichten bzw. einen Schuldner davon zu befreien.

 

Sollte sich ergeben, dass die Existenz bzw. der notwendige Lebensunterhalt des Gebührenpflichtigen ernsthaft gefährdet ist, wäre nunmehr vorrangig zu prüfen, ob diese Situation durch einen Antrag auf wirtschaftliche Jugendhilfe beseitigt werden kann. Ist dies nicht der Fall, sind außerdem die Mittel der „Stundung“ und der „Niederschlagung“ (befristet oder unbefristet) in Erwägung zu ziehen.

 

Der Erlass von Steuern und gemeindlichen Forderungen bis 300,00 € liegt gemäß II Nr. 3. g. der Richtlinien der Gemeinde Ostrhauderfehn über die Abgrenzung der Geschäfte der laufenden Verwaltung in der Zuständigkeit des Bürgermeisters. Eine Entscheidung des Rates wäre hier also nicht vorgesehen.

 

Es ist davon auszugehen, dass nach Prüfung der Voraussetzungen,  fast bei allen Erziehungsberechtigten keine persönlichen Billigkeitsgründe für einen Erlass der Gebühr in Frage kommen.

Somit ist die Verwaltung der Meinung, dass ein Erlass nicht das adäquate Mittel ist, eine Gebührenbefreiung vorzunehmen. Vielmehr wäre angesichts dieser, von niemandem zu vertretenden, Situation, eine Änderung der Satzung über die Erhebung der Gebühren, durch den Rat gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz, ein sinnvolleres Mittel.

 

Die Verwaltung schlägt vor, § 3 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme der Kindertagesstätten der Gemeinde Ostrhauderfehn so zu erweitern, dass auch in anderen unvorhergesehenen Fällen eine entsprechende Beschlussfassung durch den Rat bzw. Verwaltungsausschuss möglich ist:

 

(4) Die Benutzungsgebühr umfasst die Ferien und sonstigen Schließungszeiten der
       Kindertagesstätten.

Die Gemeinde Ostrhauderfehn behält sich vor, über die Erhebung von Benutzungsgebühren in besonderen Fällen, die nicht von der Gemeinde Ostrhauderfehn als Träger zu vertreten sind, einen Beschluss zu fassen.

Die Zuständigkeit für die Fassung des Beschlusses wird auf den Verwaltungsausschuss übertragen.

 

Nach Änderung der Satzung kann eine Beratung und rechtlich einwandfreie Beschlussfassung durch den Rat bzw. Verwaltungsausschuss über den Verzicht auf die Erhebung der monatlichen Gebühr für April 2020 sowie für weitere volle Monate der Schließung der Kindertagesstätten erfolgen.


Beschlussvorschlag:

 

Erweiterung des § 3 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme der Kindertagesstätten der Gemeinde Ostrhauderfehn, so dass eine Beratung und Beschlussfassung über den Verzicht auf die Erhebung der monatlichen Gebühr für April 2020 sowie für weitere volle Monate der Schließung der Kindertagesstätten erfolgen kann und auch in anderen unvorhergesehenen Fällen eine entsprechende Beschlussfassung durch den Rat bzw. Verwaltungsausschuss möglich ist:

 

(4) Die Benutzungsgebühr umfasst die Ferien und sonstigen Schließungszeiten

      der Kindertagesstätten.

Die Gemeinde Ostrhauderfehn behält sich vor, über die Erhebung von Benutzungsgebühren in besonderen Fällen, die nicht von der Gemeinde Ostrhauderfehn als Träger zu vertreten sind, einen Beschluss zu fassen.

Die Zuständigkeit für die Fassung des Beschlusses wird auf den Verwaltungsausschuss übertragen.